Auf dem Marktplatz der Pflegenden traf Caritas-Kreisgeschäftsführerin Angelika Ochs mit der Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar zusammen, die sich für das Pflegeübungszentrum (PÜZ) interessierte. Am gestrigen Dienstagmorgen kam sie nun in die Caritas-Sozialstation, um sich eingehend zu informieren. Weitere Besucher waren der SPD-Kreisvorsitzende René van Eckert, Kreisrat Egon Friedel und Rita Rösch, Mitglied des Caritasrates. Angelika Ochs empfand den Besuch der Abgeordneten als eine Ehre. Sabine Dittmar habe auch schon Unterstützung für das PÜZ zugesagt.
Sie sei gern gekommen, betonte Sabine Dittmar, weil es für sie als Wahlkreisabgeordnete wichtig sei zu wissen, was hier passiert. Die Pflege habe einen hohen Stellenwert in der Politik. Wichtig sei für sie daher mitzunehmen, wie die Pflege in der Region ankomme und wo spezifischer Veränderungsbedarf bestehe. Ohne Betreuung der Angehörigen wären die zu Pflegenden komplett aufgeschmissen, daher sei das PÜZ bedeutsam. Zwei Drittel der zu Pflegenden würden ambulant betreut, davon mehr als 75 % nur mit Hilfe der Angehörigen. Sie sei selbst vom Fach und in einer Betreuungssituation und wisse, wen sie wie und wo „anzuzapfen“ habe. Aber als Angehöriger stehe man trotz vieler Möglichkeiten in einer Pflegesituation erst mal da und benötige Hilfestellung, um die Hilfe auch abgreifen zu können. Das PÜZ sei daher ein spannendes Projekt, das sie gerne unterstützen wolle. Die Caritas pflege erfolge flächendeckend mit den Sozialstationen, informierte Angelika Ochs. Tagespflege finde im Haus statt, in Bad Königshofen und Bad Neustadt seien ebenfalls Tagespflegen geplant. Man dürfe auch die Angehörigen nicht aus dem Blick verlieren. Ohne sie wäre auch die ambulante Pflege nicht zu machen und sie bräuchten in gewissem Sinne selbst Pflege, um durchhalten zu können. Nachdem im Rohbau noch nicht viel zu sehen ist, stellten Johanna Dietz und Ulli Feder, die „Erfinderinnen“ des PÜZ, die Einrichtung dann mit einer Präsentation vor. Bereits im 29. Jahr werde Tagespflege in der Sozialstation durchgeführt, stellten sie fest. Von der Idee bis zur Umsetzung waren einige Schwierigkeiten zu überwinden, das finanzielle Risiko erheblich. Ein starkes öffentliches Interesse sei aber schon spürbar. Ausgelegt sei das PÜZ für zwei Übungsplätze, eine Ausweitung auf vier Plätze sei möglich. Die Finanzierung laufe über das Bayerische Ministerium für Pflege und Gesundheit – hier hätten sich die MdL Steffen Vogel und Sandro Kirchner eingesetzt -, das deutsche Hilfswerk und den Caritasverband im Landkreis. Das Grundkonzept würde stehen, es sei ihnen aber bewusst, dass es auch nach dem Aufenthalt im PÜZ noch Unterstützung und Nachsorge brauche. Leitlinien würden derzeit erstellt. Für das Projekt wurde auch der „Häusliche Pflege Innovationspreis“ in Berlin verliehen. Dietz und Feder sehen es als Auftrag, für die älter werdende Generation Möglichkeiten für ein qualitativ gutes Leben in der häuslichen Umgebung zu schaffen und sehen das PÜZ als Vermittlung zwischen ambulanter und stationärer Einrichtung.
Es sei übergreifend für alle Menschen des Landkreises gedacht, stellte Angelika Ochs in der anschließenden Diskussionsrunde fest. Der Bedarf würde sich immer wieder in aktuellen Fällen zeigen, meinte Ulli Feder.
Sabine Dittmar sieht die Finanzierung als wichtigen Punkt und wie es abrechenbar ist. Die Vertreter der ärztlichen Pflegekasse in München würden sich nicht leicht tun, erklärte Angelika Ochs. Das PÜZ sei eine ambulante Pflege und soll keine stationäre Einrichtung sein. Es müsse verhandelt werden, inwieweit eine Modellförderung in Frage komme. Es laufe noch als Modellprojekt, um den Eigenanteil noch zu mindern.
Sabine Dittmar will diesen Sachverhalt mit nach Berlin nehmen, in der Politik stehen sie mit der Pflegegesetzgebung erst am Anfang. Den Menschen soll vermittelt werden, dass sie nicht im PÜZ bleiben können, sondern für die Häuslichkeit vorbereitet werden. Die Selbständigkeit des zu Pflegenden soll behalten und noch gefördert werden. Nicht alles sei ambulant auffangbar, ambulant gehe nicht unbedingt vor stationär, sondern alles nur gemeinsam, stellte Angelika Ochs klar. Eine Schublade gibt es für dieses innovative Projekt aber nicht.
Sabine Dittmar sprach die Digitalisierung im ambulanten Bereich an. Das Problem sei nach wie vor nicht gelöst. Gut gemeint sei die Anschubfinanzierung mit 12.000 Euro. Es werde aber eine Lösung gebraucht, um die Investitionskosten im ambulanten Bereich besser zu rücksichtigen. Nach wie vor seien zwei Probleme ungelöst. Das Entlastungsbudget werde nicht in dem Maße abgerufen, wie sie sich das wünschen. Sie seien auf der Suche nach einer Lösung, wie es gangbacher gemacht werden könne. Das zweite Problem sei die Kurzzeitpflege. Laut Koalitionsvertrag sollten Möglichkeiten geschaffen werden, dass Einrichtungen wirtschaftlich dargestellt werden können, das sei schwierig umzusetzen. Hierzu hoffe sie auf praxisdienliche Hinweise. Ein Entlastungsbudget könnte für mehr Flexibilität sorgen.
Im Anschluss an die Präsentation konnte sich Sabine Dittmar das PÜZ im Rohbau erklären lassen. Das Konzept kann übrigens erworben werden. Auch Beratung und Anleitung sollen von den Erfinderinnen angeboten werden. Die Eröffnung des PÜZ ist für April angepeilt.